
Gesundheit ist unser oberstes Gut! Pflegeberufe und die Pflegenden müssten deshalb höchste Anerkennung, beste Arbeitsbedingungen und Bezahlung haben. Die Realität ist eine andere. Der Film „Heldin“ zeigt sie. Er ist ein Appell, sie zu verändern. SÖS-Bezirksbeirätin Monika Kneer, Pflegepädagogin, schaute sich den Film, der gerade anläuft, mit KollegInnen an.
Selten wie nie standen der Pflegeberuf und die Pflegenden selbst während der Corona-Pandemie weltweit im Fokus der Öffentlichkeit. Wer erinnert sich nicht an den Applaus von Balkonen oder dem Appell von Ärzt:innen und Pflegenden: „Wir sind für Euch da, bleibt Ihr für uns zuhause!“ Die Mitarbeiter*innen des Gesundheitswesens wurden gebraucht und als Heldinnen und Helden bezeichnet. Viele Pflegende erhofften sich, dass sich jetzt endlich was ändert, doch am Ende blieb eher Enttäuschung und bei vielen noch mehr Frust über die Zustände.
Jetzt kommt mit „Heldin“ ein Film in die deutschen Kinos der in bedrückender Art und Weise zeigt, was es heute – nach der Pandemie – heißt, in der Pflege zu arbeiten. Der Film zeigt die Zustände, den eklatanten Pflegepersonalmangel und den dringenden Handlungsbedarf auf.
Gute und schonungslose Darstellung
Dank des DBfK (Deutscher Berufsverband für Pflegeberufe e.V.) konnte Monika Kneer zusammen mit Kolleg:innen und Bekannten den Film im Atelier am Bollwerk bei einer Preview sehen. Monika Kneer ist Kinderkrankenschwestern, Pflegepädagogin und stellvertretende Schulleiterin an einer Berufsfachschule für Pflege. Nach dem Film kommt sie zu folgender Einschätzung:
„Wir waren sehr beeindruckt von dem Film, der gut und schonungslos darstellt, was Pflegefachkräfte leisten.
Diese eine Spätschicht auf einer chirurgischen Station eines Schweizer Krankenhauses ist so dicht: Die Kollegin Floria Lind (gespielt von Leonie Benesch – bekannt aus dem Film „Lehrerzimmer“) ist mit großen Herausforderungen konfrontiert. Zusammen mit einer weiteren Kollegin und einer Auszubildenden am ersten Einsatztag muss sie den Ausfall einer kranken Kollegin kompensieren. Sie sind für 26 teilweise schwer kranke und/oder frisch operierte Patient:innen zuständig. Floria Lind erlebt Zeitdruck und Zeitmangel. Sie soll trotz Personalmangel in hoch anspruchsvollen Pflegesituationen immer und zu jeder Zeit das Richtige tun. Sie hat kaum Momente zum Nachdenken, sie wird oft getrieben von neuen Ereignissen und Aufgaben. Sie hat ein enormes Pensum zu bewältigen und gleichzeitig wird der hohe Anspruch deutlich, den sie an sich, ihre Professionalität und ihre pflegerische Haltung hat. Sie ist ständig mit hohem Tempo auf dem Sprung und unterwegs, hetzt hin und her ohne Pause und ist dennoch nicht immer rechtzeitig da, wo sie gebraucht oder erwartet wird. Oft reicht ihr Tun nicht aus, obwohl sie schnell und zügig arbeitet, organisiert und delegiert.
Heldin – „nimmt mit“
Der Film hat uns (im wahrsten Sinne des Wortes) von Beginn an mitgenommen in diese Schicht, in der Freud und Leid, Schmerz und Einsamkeit, Schicksal und Überforderung sich abwechseln mit kurzen Momenten von intensiven und einfühlsamen Begegnungen.
Der Film zeigt den hohen Anspruch im Pflegeberuf und macht deutlich, dass es so nicht gelingen kann, immer alles richtig zu machen, jedes Bedürfnis zur Zufriedenheit zu erfüllen, Verschlechterung und Komplikationen rechtzeitig abzuwenden, immer zuvorkommend, höflich, zugewandt und fehlerfrei zu agieren und schlechte Abläufe und mangelnde Beratung, Aufklärung und Versorgung (auch durch andere Berufsgruppen) noch glaubhaft zu rechtfertigen.
Der Film „Heldin“, ein Ansporn, Veränderungen durchzusetzen
Wir haben uns überlegt, ob der Film wirklich eine Liebeserklärung an den Beruf ist, so wie es in dem Flyer heißt. Ob wir ihn anschauen sollen mit unseren Auszubildenden, ob das wirklich gut oder auch kontraproduktiv sein kann? Was, wenn die Auszubildenden die Pflegeausbildung vorzeitig abbrechen oder nach der Ausbildung erst gar nicht in den Pflegeberuf einsteigen? Andererseits zeigt der Film genau die Realität, die die Auszubildenden und Pflegenden im Alltag häufig erleben. Es ist nichts Neues für sie und deshalb: Ja, wir werden den Film in die Ausbildung integrieren und daran viele Aspekte des Pflegeberufs, den eigenen Umgang damit und die Notwendigkeit berufspolitischer und gesellschaftlicher Diskussionen/Forderungen diskutieren und deutlich machen.
Der Film zeigt ein realistisches Bild des Pflegeberufs. Er zeigt die Not und die reale Gesundheitsgefahr, die für die Bevölkerung aber auch für die Pflegenden selbst in diesen Arbeits- und Rahmenbedingungen liegen. Pflege kann mehr und sollte mehr können dürfen. Gute Pflege ist ein unverzichtbarer Beitrag und Wert für Gesundheit und die Verhinderung von Pflegebedürftigkeit der Bevölkerung. Wenn wir wirkliche Expert:innen für Gesundheit und Pflege wollen, brauchen wir keine Held:innen. Das heißt aber, dass sich die neue Bundesregierung – neben allen so dringenden Aufgaben – schleunigst daran machen muss, die Gesundheitsversorgung der Bevölkerung durch gute Arbeits- und Rahmenbedingungen im Gesundheitswesen insgesamt zu verbessern und weiterzuentwickeln. Einen konkreten Vorschlag, was jetzt getan werden muss, fasst der Deutsche Pflegerat in 9 Forderungen an die neue Bundesregierung zusammen:
https://deutscher-pflegerat.de/download/2025-01-31_forderung_legislaturbund2025-2029.pdf
Wir aus der Pflege hoffen und wünschen uns, dass ganz ganz viele Menschen den Film sehen, damit die Bevölkerung weiß, was Pflegende leisten und was das für die Gesellschaft bedeutet, wenn sich das nicht ändert. Applaus allein wird weiterhin nicht reichen!
https://tobis.de/blog/ein-intensives-kinoerlebnis-was-heldin-so-aussergewoehnlich-macht
https://www.zeit.de/2025/09/heldin-berlinale-film-pflege-fachkraeftemangel?freebie=6f720803
Foto: Monika Kneer mit KollegInnen im Kino
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