Stuttgart 21: Schädliche Auswirkungen auf das Klima
Blicken Sie noch durch bei Stuttgart 21? Artikelserie S 21, Teil 5
Stuttgart 21 wird vielfach nur unter baulichen und verkehrlichen Gesichtspunkten betrachtet. Dabei werden die schädlichen Auswirkungen auf das Klima vollkommen ausgeblendet. Als Folge der baubedingten Behinderungen sind viele Menschen vom Öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) wieder auf ihr Auto umgestiegen. Andere wurden vom Wechsel zum ÖPNV abgeschreckt. Es wurde bereits aufgezeigt, mit welchen Nachteilen zu rechnen ist, sollte Stuttgart 21 jemals in Betrieb gehen. Ein dann drohender schlechterer ÖPNV lässt ein höheres Verkehrsaufkommen mit privaten PKWs befürchten. Verkehrstaus, Luftverschmutzung und CO2-Ausstoß lassen sich so nicht verringern.
Das größte Starkregenrisiko hat Stuttgart
Der Bau von neuen Bahnstrecken, vor allem von Tunneln, verursacht einen hohen Rohstoffverbrauch. Bei der Herstellung von Stahl und Beton werden riesige Mengen an Treibhausgasen freigesetzt. Allein der Bau des vollkommen unnötigen Pfaffensteigtunnels verursacht über 350.000 Tonnen. Zahlreiche Bäume müssten dicht an dicht auf einer Fläche von rund 15 Quadratkilometern stehen, um innerhalb eines Jahres das ausgestoßene Kohlendioxid der Luft wieder zu entziehen. Doch auch der Bahnverkehr in den Tunneln verschlingt ein Mehrfaches an Energie im Vergleich zu oberirdischen Strecken. Der Tiefbahnhof mit Rolltreppen, Fahrstühlen und der Beleuchtung hat einen hohen Energiebedarf.
Stuttgart hat das größte Starkregenrisiko unter den deutschen Großstädten. So führte der Starkregen in Stuttgart immer zu wieder zu schlimmen Überschwemmungen. Starkregen überlastet die Kanalisation und das Wasser muss oberirdisch abfließen. Die natürliche Fließrichtung ist vom Zentrum über die Schillerstraße zum Schlossgarten in Richtung Neckar. Genau dieser Abfluss wird durch den aus der Erde ragenden quer liegenden Tiefbahnhof drastisch eingeengt. Die Folge sind Überflutungen der Klettpassage und der Schillerstraße, im Extremfall sogar des ganzen Stadtzentrums. Bei starkem Anstieg des Grundwasserspiegels droht ein Aufschwimmen des Tiefbahnhofs. Dann soll er geflutet werden. Die Schäden an der Infrastruktur des Bahnhofs und der Tunnel verhinderten dann den Bahnverkehr für Monate.
Gleisfeldbebauung verhindert Luftaustausch
Doch auch der eigentliche Grund für das Projekt Stuttgart21, die geplante Bebauung der freiwerdenden Flächen führt zu erheblichen Nachteilen: Das bestehende Gleisvorfeld kühlt bisher nachts stark ab. Damit ermöglicht es den Luftaustausch. Die dann freiwerdenden Flächen sollen mit dem Rosensteinviertel überbaut werden. Die großflächige Bodenversiegelung und die Blockade des Luftaustausches mit dem windarmen Talkessel führen zu weiterer Erhitzung des Stadtzentrums. Ab einer Höhe von 10 m bis zum Erdboden verhindert die Bebauung jeglichen Winddurchlass. Etwa 200 dort lebende Tier- und Pflanzenarten stehen auf der Roten Liste. Der drohende Verlust der Artenvielfalt ist unwiederbringlich.
Umstieg statt Weiter so!
Die Betriebswirtschaftslehre warnt davor, bereits versenktem Geld gutes Geld hinterher zu werfen. Das gilt auch bei Stuttgart 21. Immer neue Zusatzprojekte und die damit verbundenen jährlichen Unterhaltungskosten sorgen für die längst eingestandene Unwirtschaftlichkeit. Dies führte zur Idee eines Umstiegs: https://www.umstieg-21.de/. Es geht darum, einerseits nicht mehr weiterzubauen und andererseits die fertigen Teile des Projekts sinnvoll zu nutzen.
So entstand der Vorschlag, die fertigen Röhren für die unterirdische Logistik von Gütern zu nutzen. Voll automatisiert sollen Paletten von der Peripherie ins Stadtzentrum transportiert werden. Die Hochschule Coburg hat dem Konzept ihr wissenschaftliches Siegel erteilt. Dass in Stuttgart ein entsprechender Bedarf besteht, zeigen aktuelle Untersuchungen, für den Warentransport weitere Tunnel zu graben. Dies vermeidet das Konzept für den Umstieg, denn die Tunnelröhren sind bereits vorhanden und haben auch noch zum Beispiel ausreichend Platz für Fernwärmeleitungen.
Kopfbahnhof ertüchtigen
Zudem bietet ein ertüchtigter Kopfbahnhof Platz für den „Zentralen Busbahnhof“, Parkplätze für Autos, Abstellplätze für Fahrräder usw. Mit Solarzellen ausgestatteten gläsernen Dächern könnten jedes Jahr 10 Gigawattstunden gewonnen werden. Das zukunftsorientierte Konzept wird dem ÖPNV neuen Schwung verleihen und Milliarden einsparen. Daher:
Mut zum Umstieg!
Dieter Reicherter
Sprecher des Aktionsbündnisses gegen Stuttgart 21
Bilder:
Umstieg 21: Aktionsbündnis gegen Stuttgart 21
Postkarte: Privatarchiv, Martin Storz