„Die Veranstaltung beginnt am frühen Nachmittag und geht bis in den späten Abend. Sie findet teilweise im Freien statt. Wir empfehlen daher bequemes Schuhwerk und ggf. regenfeste Kleidung.“ Diese Empfehlung richtet sich an die Besucher:innen der Oper „Saint François d’Assise.“ Der erste Akt und der letzte Akt werden im Opernhaus gespielt. Dazwischen begibt sich das Publikum der ersten Stuttgarter Öko-Oper zu Fuß auf Pilgerreise durch den Stadtraum.
Für das Stück über das Leben des Heiligen Franz von Assisi sammelt das Team um Dirigent Titus Engel und Regisseurin Anna-Sophie Mahler bis Ende Februar 300 gebrauchte Kapuzenpullis als Mönchskutten. Geld für neue Kostüme hätte die Oper, doch das Regieteam wolle bewusst bei der Ausstattung sparen, mit den alten Hoodies solle durch Nachhaltigkeit die Umwelt geschont werden. Ein kleiner Schritt in die richtige Richtung – Passend zu Franz von Assisi und passend zur heutigen Zeit.
Kostenrisiko Kreuzbühne
Geht es dagegen um die Sanierungspläne für die Spielstätte der Stuttgarter Oper, dann sei es weder „zeitgemäß noch nachhaltig“ eine „beschränkt nutzbare“ Interimsspielstätte zu bauen, bemängelt der Bund der Steuerzahler. Argumentativ untermauert der Bund seine kürzlich geäußerte Kritik mit den veränderten Ausgangsbedingungen angesichts von Inflation und Ukrainekrieg.
Stadt und Land sollten die bisherigen Pläne auf den Prüfstand stellen. Der Bund der Steuerzahler plädiert für die notwendige Sanierung im Bestand. Die geplante Kreuzbühne der Oper wird jedoch als „schwer kalkulierbares Kostenrisiko“ in Frage gestellt, da in die historische Bausubstanz des Littmann-Baus eingegriffen werde: „Wenn es eine seriöse und kostengünstige Alternative zu den bisherigen Plänen gibt, sollten diese bevorzugt werden.“ lautet sowohl das Fazit des Steuerzahlerbundes als auch des Landesrechnungshofes.
SÖS fordert gute Arbeitsbedingungen
Vergeblich fragt SÖS schon seit 2016 immer wieder mit der FrAKTION nach alternativen Planungen für die historische Spielstätte. So sortierten die Mehrheiten in Politik und Verwaltungsrat Alternativen z.B. für das Operninterim im Paketpostamt einfach aus. Mindestens 1,2 Milliarden Euro verschlingen – Stand heute – die bisherigen Planungen.
In einer Gemeinderatsrede erklärte unsere SÖS-Stadträtin Guntrun Müller-Enßlin, Mitglied im Ausschuss für Kultur und Medien: „Wir, die FrAKTION, bekennen uns zur Opernrenovierung. Ja, wir sprechen uns dafür aus, dass die Mitarbeiter*Innen gute Arbeits-bedingungen haben und der Spielbetrieb leichter wird. Aber – zu diesen Konditionen?“
Neue Wege gehen
Müller-Enßlin teilt die Auffassung einer Insiderin aus dem Kunst- und Kulturbereich: “Die Oper in ihrer heutigen Form ist doch eher ein Auslaufmodell. Die Oper, wenn sie eine Zukunft haben soll, muss ganz neu gedacht werden – als Oper für alle. Ein Opernhaus mit Pflege der Traditionen, aber auch mit mehr zeitgenössischer Oper, mehr Opern von Frauen, Bürgeropern, Hiphop-Opern, Tanz-Opern, –”
Für eine solche Bürger*innen-Oper, die neue Wege geht, setzt sich SÖS ein. SÖS-Stadträtin Guntrun Müller-Enßlin; „Wir möchten uns für Kunst in ihrer besten Form stark machen. Und dafür auch Geld in die Hand nehmen. Aber vielleicht würde man für diese Vision einer zukünftigen Oper dann gar nicht diese Unsummen brauchen, die derzeit zur Debatte stehen.“
Bilder:
Titelbild – Eckensee mit Oper: Peter Hensinger
Luftbild: Commons Wikipedia (Creative Commons), Andreas Praefcke erstellt 2008