OB Nopper kriminalisiert Aktivist:innen der Letzten Generation
SÖS-Stadträt:innen protestieren mit B14-Blockade
Die Nachricht platzt mitten in die Sitzung des Gemeinderats am 6. Juli: Oberbürgermeister Frank Nopper erlässt eine Allgemeinverfügung zu Versammlungen von Straßenblockaden von Klimaaktivist:innen. In ihr heißt es:
Ankleben verboten
„Untersagt werden alle nicht angezeigten und nicht behördlich bestätigten Versammlungen und Ersatzversammlungen im Zusammenhang mit Klimaprotesten in Form von Straßenblockaden, bei denen sich Teilnehmende auf den Fahrbahnen von Straßen … fest mit der Fahrbahn oder an Gegenständen auf der Fahrbahn (z.B. durch Ankleben, Einbetonieren, Anketten etc.) oder mit anderen Personen (z.B. durch Ankleben, Zusammenketten etc.) verbinden. Es ist sowohl das Veranstalten als auch die Teilnahme an solchen Versammlungen und Protestaktionen verboten.“
OB Nopper agiert hinter dem Rücken des Gemeinderates
SÖS-Stadträtin Guntrun Müller-Enßlin: „Die Empörung der Stadträt:innen ist groß, hatte doch das Stadtoberhaupt im Vorfeld, nicht einmal im nur Stunden zuvor stattgefundenen Ältestenrat, ein Sterbenswörtchen von seinen Absichten verlauten lassen. Aufruhr unter den Rät:innen macht sich breit, der auch nach Sitzungsende anhält und in den Satz mündet: Das lassen wir uns nicht bieten, wir gehen demonstrieren auf der B14. Einen Moment lang hat man fast den Eindruck, der halbe Gemeinderat klinkt sich ein.“
Sechs von sechzig setzen sich auf die Straße.
Letztendlich sind es dann sechs von sechzig Stadträt:innen, die auf der B14 demonstrieren: Neben einer Stadträtin von PULS fünf Mitglieder unserer Gemeinderatsfraktion. Darunter die SÖS-Stadträt:innen Hannes Rockenbauch und Guntrun Müller-Enßlin. Diese schildert die Aktion so:
„Mit rasch ausgedruckten Plakaten zum Thema Demonstrationsrecht begeben wir uns zum Übergang über die Bundesstraße bei der Leonhardskirche. Unsere Schritte verlangsamen sich. Werden wir das wirklich tun? Uns mitten im Feierabendverkehr auf die Fahrbahn einer der Hauptverkehrsachsen durch Stuttgart – nicht kleben, aber doch hinsetzen, um unsere Solidarität mit der Letzten Generation öffentlich sichtbar – und spürbar – zu machen? Wir tun es.
Männer bauen sich auf
Als die Fußgängerampel auf Grün schaltet, nehmen wir unsere Plätze ein, halten unsere Schilder hoch. Dann schaltet die Ampel auf Rot. Herzklopfen. Auf zwei Spuren nähern sich Autos. Werden sie anhalten? Es ist ein bisschen unwirklich, wie in einem Film. Ich habe das noch nie gemacht. Die ersten beiden Fahrzeuge kommen vor uns zum Stehen, links ein dicker fetter SUV, dahinter die anderen.
Türen schlagen, Autofahrer (hauptsächlich Männer) steigen aus, kommen zu uns nach vorn, bauen sich vor uns auf. Der Fahrer des fetten SUV giftet uns an, er habe junge Hunde im Auto, wenn denen -wegen der Hitze – etwas passiere, dann setze es was. Seine Frau, die neben ihm sitzt, erwähnt er nicht (und auch nicht seine Klimaanlage). Eine Autofahrerin fragt uns, wie lange wir hier sitzen wollen, dann müsse sie ihren Termin verlegen. Nur ein paar Minuten, sagen wir.
Prügel angedroht
Etwa fünf werden es dann, aber man sollte nicht glauben, wie viele Schmähungen in so kurzer Zeit über uns ausgeschüttet werden: “Euch sollte man ausweisen, ihr Terroristen! Ihr seid echt das Letzte, geschieht euch recht, wenn nach euch nichts mehr kommt. Erpresser, Nestbeschmutzer, euch sollte man verprügeln.“ Ich bin darauf gefasst, dass jemand zur Tat schreitet, spüre die sich steigernde Ungeduld und den Druck von Sekunde zu Sekunde. Warten, bis die Polizei kommt und uns wegträgt, möchte ich nicht.
Respekt gestiegen
Nachdem wir das Feld geräumt haben, ist mein Respekt vor den Klimaaktivist:innen der Letzten Generation noch größer geworden. Sowas macht niemand aus Jux und Tollerei, sondern weil er/sie die deprimierende Erfahrung gemacht hat, dass verbale Appelle überhört und Klimademonstrant:innen auf der Straße stehen gelassen werden wie ehemals die Protestierenden gegen S21.“
SÖS wendet sich mit den Mitgliedern unserer Gemeinderatsfraktion entschieden gegen die Kriminalisierung der Aktivist:innen der Letzten Generation. Die Stadträt:innen unserer Gemeinderatsfraktion legten Widerspruch gegen die Allgemeinverfügung des Oberbürgermeisters ein. Sie sehen darin eine unzulässige Einschränkung der Versammlungsfreiheit.
Bilder: Die FrAKTION