Antrag vom 25.04.2005 (Nr. 140/2005)
Das Thema Feinstaub ist ein zwar aktueller Aspekt, stellt aber nur eine der vielen schädlichen Folgen unser heutigen Lebens- und Produktionsweise dar. In der aktuellen Debatte sollte man sich dabei vergegenwärtigen, daß eine langfristige Lösung der Probleme nur ein grundsätzliche sei kann, eine, die unsere Lebens- und Produktionsweise in Frage stellt und, wo notwendig, ändert.
Stuttgart lebt maßgeblich von und mit dem Auto. Das Auto hat die Struktur der Stadt auf allen Ebenen verändert und dabei auch viele Gefährdungspotentiale geschaffen. Will man die mit dem Auto verbundenen Gefahren und Probleme in den Griff bekommen, muß man das Auto und das autobestimmte Verhalten in den Griff bekommen. Dies geht nur, wenn
· Alternativen vorhanden sind bzw. angeboten werden,
· die Bevölkerung in den Veränderungsprozess mit einbezogen wird,
· die Bereitschaft vorhanden ist, auch entschiedene Sanktionen anzuwenden.
Daher beschließt der Gemeinderat folgende Zielsetzungen bzw. Planungsschritte:
Der ÖPNV wird als Alternative zum Kfz-Verkehr hinsichtlich Takt- und Netzdichte ausgebaut. Es wird die Einführung eines Niederflursystems zur weiteren Erschließung der Innenstadtquartiere geprüft. Der Einzelfahrschein des VVS im Stadtgebiet Stuttgart wird – zusätzlich subventioniert – deutlich billiger, um spontanes Umsteigen auf den ÖPNV zu fördern. Das P&R-Angebot wird ausgeweitet.
Zur Reduzierung der vom Verkehr verursachten Feinstaub- und anderer Emissionen werden folgende Maßnahmen eingeleitet:
- Einführung einer City-Maut/Luftreinhaltungsabgabe
- Tempo 30 innerhalb des Stuttgarter Kesselrandes. Die Entschleunigung des Verkehrs bedeutet weniger Reifenabrieb und Aufwirbelung und damit weniger Feinstaub. Radfahrer könnten wieder die Straße nutzen, Radfahrwege könnten zurückgebaut, der Schilderwald könnte innerorts abgebaut werden.
- Durchfahrtsverbot für LKW und für Kfz mit schlechterer Emissionsleistung als Euro 4 bzw. ohne Russfilter.
- Beginn einer Straßenrückbauplanung. 14,3 Prozent des Stuttgarter Stadtgebiets sind Verkehrsfläche, davon könnten wiederum 30 Prozent zurückgebaut werden (Beiträge zur Stadtentwicklung Nr. 27, November 1989, Seite 63).
- Rückbau von Parkplätzen in der Innenstadt
Quelle von Feinstaub- und anderen Emissionen sind auch die Haushalte und die produzierende Wirtschaft. Mit den Einsparungen bei den Aufwendungen für Bau und Unterhalt der Straßen und Beschilderung wird ein Programm aufgelegt, das die Sanierung und Umrüstung von Produktionsstätten und Immobilien auf emissionsarme Einrichtungen fördert.
Stuttgarts Lage im Talkessel erfordert besondere städtebauliche Sensibilität, damit die Frischluftzirkulation erhalten bleibt. Jede Baumaßnahme, die diese gefährdet, muß unterbleiben.
Die Landeshauptstadt setzt sich zum Ziel, in den Stadtquartieren beginnend, zusammen mit den EinwohnerInnen Konzepte für eine nachhaltige Stadtentwicklung zu erarbeiten. Im aktuellen Stadtentwicklungskonzept wird Stuttgart ausschließlich unter dem „Standort“-Gesichtspunkt betrachtet. Stuttgart ist aber nicht nur Standort. Eine zukunftsfähige Stadt muß anders mit Wasser, Luft und Boden umgehen als bisher, sparsamer und effizienter. Dies geht nicht mit „weiter so“; dazu bedarf es neuer Lebens- und Wirtschaftsformen. Dazu gehört z.B. auch, dass in den Quartieren annähernd alle zum Leben gehörenden Waren und Dienstleistungen (wieder) angeboten werden, um Fahrten mit dem Kfz oder ÖPNV überflüssig zu machen. Auch ein Nachdenken über ein kommunales Güterverkehrssystem ist erforderlich. Eine nachhaltige Stadt bedarf eines grundlegenden Umbaus.
Hannes Rockenbauch
zur Stellungnahme (30.05.2005) (Achtung: öffnet neues Fenster!)
zur Stellungnahme (07.11.2005) (Achtung: öffnet neues Fenster!)