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Ist der Kapitalismus am Ende?

17. Oktober 2022

“Gemeinsam kämpfen wir aktiv gegen Patriarchat, Rassismus und Kapitalismus,“ lautet ein zentraler Satz in unserem SÖS-Selbstverständnis. „Unser Ziel ist eine Modellstadt für eine klimagerechte(re) Kreislaufwirtschaft.“ So steht es kurz und knapp in den kommunalpolitischen SÖS-Positionen. https://s-oe-s.de/positionen/wirtschaft/ Wie soll diese Kreislaufwirtschaft aussehen? Wie kommen wir dahin? Mit grünem Wachstum?

Zur Diskussion anregende Antworten auf diese Fragen versucht das aktuelle Buch „Das Ende des Kapitalismus“ von Ulrike Hermann.

Buchumschlag

„Wie funktioniert der Kapitalismus?“ Die Wirtschaftsjournalistin der taz analysiert in ihren Büchern das kapitalistische System, welche Schwächen es hat und warum es zu Krisen neigt. Jetzt sei der Kapitalismus am Ende, schreibt sie. Wir produzieren uns zu Tode. Der Kapitalismus folgt der Logik der Krebszelle. Er muss unaufhörlich zu wachsen und zerstört damit erst seine Umwelt – und dann sich selbst.

Grünes Wachstum?

Hermann analysiert faktenreich, dass Ökoenergie aus Sonne und Wind niemals reichen wird, um weltweites Wachstum zu befeuern:

„Diese Aussage mag zunächst überraschen, schließlich schickt die Sonne 5.000-mal mehr Energie zur Erde, als die acht Milliarden Menschen benötigen würden, wenn sie alle den Lebensstandard der Europäer genießen könnten. […] Solarpaneele und Windräder liefern jedoch nur Strom, wenn die Sonne scheint und der Wind weht. Um für Flauten und Dunkelheit vorzusorgen, muss Energie gespeichert werden – und dieser Zwischenschritt ist so aufwendig, dass Ökostrom knapp bleiben wird.“

Die taz-Journalistin stellt sich damit gegen die Annahme vieler Volkswirte und Politiker, dass es „grünes Wachstum“ geben kann. “Grünes Wachstum” stößt laut Herrmann an seine Grenzen, weil es denjenigen belohnt, der am Effizientesten die Umwelt ausbeutet. Wäre “grünes Schrumpfen”- eine „Überlebenswirtschaft“ – nicht angebrachter, so wie Herrmann es fordert?

Grünes Schrumpfen?

“Die Industrieländer müssen sich also vom Kapitalismus verabschieden und eine Kreislaufwirtschaft anstreben, in der nur noch verbraucht wird, was sich recyceln lässt”.

Wie lässt wie sich diese ökologische Kreislaufwirtschaft erreichen, ohne unterwegs eine schwere Wirtschaftskrise zu provozieren, die die Bevölkerung in Panik versetzt und einen Diktator an die Macht bringt?

Persönliches Punktebudget

Als Lösung für diesen Übergang schlägt die Autorin die britische Kriegswirtschaft ab 1939 vor. Es entstand eine Planwirtschaft in einer Demokratie, die bemerkenswert gut funktionierte. Die Fabriken blieben in privater Hand, aber der Staat steuerte die Produktion. Damals teilte die britische Regierung privaten Unternehmen Rohstoffe, Kredite und Arbeitskräfte zu. Jede Einwohner*in bekam eine feste Menge an Lebensmitteln. „Luxusgüter“ wie Möbel oder Kleidung konnten über ein persönliches „Punktebudget“ bezahlt werden. Ein geordneter, sozial gerechter Rückbau, findet Herrmann.

„Der Konsum fiel damals um ein Drittel – und zwar in kürzester Zeit. […] Der deutsche Verbrauch muss ähnlich drastisch sinken, wenn das Klima gerettet werden soll,“ schreibt sie.

Eine für alle geltende Rationierung ohne Schlupflöcher wäre keine gute Nachricht für das reichste Hundertstel der Bevölkerung in Deutschland: Ihr flotter Lebensstil mit einer jährlichen Emittierung von 107,8 Tonnen Co2 pro Person wäre dahin. Stellen wir uns vor, es würde nur noch prodoziert, wofür tatsächlich ein Bedarf besteht und der Bedarf nicht erst durch resourcenverschwendende Werbung erzeugt werden muss. Die meisten Menschen würden wohl nichts vermissen. Befreit vom Konsumterror (Geheilt von Konsumsucht) könnte unser Leben durchaus stressfreier und angenehmer sein.

Bilder:
Buchdeckel: privat abfotografiert
Ulrike Herrmann: Commons Wikipedia; frei verwendbar, CC BY-SA 4.0


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